Gedanken zur Jahreslosung 23

Du bist ein Gott, der mich sieht

Gedanken zur Jahreslosung 23
„Du bist ein Gott, der mich sieht.“ 1. Mose 16,13
 
Ein Gott, der dich und mich, ja uns alle sieht. Ein faszinierender und gleichzeitig etwas unheimlicher Gedanke, der uns da für dieses Jahr besonders mit auf den Weg gegeben ist.
Gott sieht alles. Alles, was ich mache oder nicht mache. Auch meine Verfehlungen, meine Unvollkommenheit.  Ein Gott, dem ich nicht entkommen kann. Vor dem ich mich nicht verstecken kann. Da fühlt man sich beobachtet, kontrolliert, beurteilt, ausgeliefert.
Genau das scheint vielen suspekt, unangenehm. So höre ich es heraus, wenn manche Menschen mir von ihrem Glauben, ihrer Beziehung zu Gott, ihrem Hadern erzählen, die das nicht als frei erleben.
Sie fühlen sich gedrängt oder gezwungen zu einem ganz bestimmten Verhalten, damit sie vor Gott gut dastehen. Sie distanzieren sich lieber, kehren sich ab von Gott und dem Glauben.
So geht es uns ja auch mit Menschen, die uns beobachten, kontrollieren, bewerten.
Das ist uns unangenehm.
Ja, und doch, behaupte ich, dass eines ist tief in uns Menschen verankert ist: Wir wollen bei anderen gut ankommen, gesehen werden, heischen nach Aufmerksamkeit. Wir sehnen uns nach Anerkennung. Wir machen uns in nicht geringem Maße abhängig von der Art und Weise, wie wir von anderen gesehen werden – der eine mehr, die andere weniger. 
Und wie schrecklich fühlt es sich an, wenn die Talente, die Leistungen, die positiven Eigenschaften, aber auch das Leid von mir übersehen oder verkannt werden! Das blockiert das Handeln und die Eigenständigkeit. Das nagt am Selbstvertrauen.
Unsere Sehnsucht, gesehen und angesehen zu werden in ganz positivem Sinn, ist groß. Das geht wohl vielen Menschen so.
Das wünschen wir uns auch von Gott, oder?!
Nur ist da aber diese Schwierigkeit: Wir sehen Gott nicht, wir können Gott nicht anfassen, haben Gott nicht unmittelbar vor Augen. So kommt es vor, dass wir uns von Gott nicht gesehen fühlen, wir uns Gott nicht nahe fühlen oder Gott einfach von uns aus übersehen.
 
„Du bist ein Gott, der mich sieht.“ Das hatte Hagar gesagt - mitten in der Wüste. Dorthin nämlich war sie mit ihrem noch ungeborenen Kind geflohen, dem Sohn Abrams. 
Sarai, Abrams Ehefrau, wurde nicht schwanger. Damit war die Frage nach einem Stammhalter das Hauses Abraham offen und somit war auch der Fortbestand der gesamten Familie nicht gesichert.
In dieser existentiellen Not hatte Sarai Hagar, ihre Magd, zu ihrem Mann geschickt, damit sie ihn verführe und so den notwendigen Nachkommen empfangen könnte.
Als die Magd schwanger geworden war, hatte sie gegenüber ihrer Herrin aufgetrumpft, hatte sie in ihren Augen gering geachtet und musste schließlich vor den Reaktionen der gedemütigten Sarai in die Wüste abhauen.

Ungeschickterweise hatte dann aber die schwangere Hagar ob deren eigener Unfähigkeit, Kinder zu gebären, gedemütigt und musste im Folgenden vor den Nachstellungen ihrer eifersüchtigen Herrin in die Wüste fliehen.
Genau dort begegnet ihr Gott in Gestalt eines Engels. Hagar erfährt: Gott sieht mich mit meinen Fehlern - aber auch mit meiner Not und Verlassenheit, mit all meiner Überforderung. Gott steht mir bei und macht mir Mut.
in dieser Lage spricht sie dann die Worte unserer aktuellen Jahreslosung: „Du bist ein Gott, der mich sieht.“ 
Da steckt so viel drin: Zum einen dankt sie Gott für seinen Beistand. Und gleichzeitig ist es ein starkes Glaubensbekenntnis.
Vielleicht hat der eine oder die andere von Ihnen einmal eine ähnliche Erfahrung wie Hagar gemacht, (oder wird sie noch machen), eine Begegnung, die erkennen lässt: Wirklich in unser  Herz hinein schauen kann nur Gott. Gott allein ist es, durch den wir letztlich wirkliche Anerkennung erfahren.
Gott sieht uns an: jeden und jede von uns. Gott hat ein Auge auf uns.
Vor allem schaut Gott uns liebevoll und wohlwollend an. Welch ein Segen!
So wünsche ich allen ein gesegnetes und zufriedenes Jahr 2023 mit wunderbaren Augenblicken.
Amen.